Reisetagebuch: Von Nord nach Süd - Unterwegs in Vietnam (6)

von 'Jay' Steinert

Am nächsten Tag besteigen wir den Zug. Wir fahren von Phan Thiet nach Saigon (Ho-Chi-Minh City). Der Zug ist ca. 50 Jahre alt, aber ganz gut in Schuss und er füllt sich langsam, aber stetig mit Passagieren. Eine Zugfahrt ist jetzt, nach der ganzen, ewigen Busfahrerei eine sehr willkommene Abwechslung. Schließlich ist Endspurt angesagt, Saigon ist für uns das Ziel dieser Reise, letzte Möglichkeit das Transportmittel zu wechseln. Wir bleiben noch drei Nächte hier, dann geht es wieder zurück.
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Der Zug trottelt indes mit stetiger Ruhe durch die bunte Landschaft, viel Ackerbau wird hier betrieben, bis ganz an die Schienen heran sind die Felder bestellt. Die Fahrzeit ist mit vier Stunden angegeben, wir brauchen eine mehr. Der Bahnhof für diese Millionenstadt ist ein Witz und zwar ein ganz schlechter. Meine U-und S-Bahn-Haltestelle in Leipzig-Gohlis hat mehr Gleise! .... weiterlesen

Reisetagebuch: Von Nord nach Süd - Unterwegs in Vietnam (5)

von 'Jay' Steinert

In unserer Reiseapotheke findet sich zum Glück Paracetamol. Hilft gut gegen das ansteigende Fieber, nur mit den Bier‘s ist es erstmal vorbei. Verträgt sich nicht gemeinsam. Mui Ne ist so etwas ähnliches wie Hurgada, Ägypten. Eine Straße am Meer, ca 40 km lang, rechts und links davon Hotel- und Gästehaus-Bebauung. Der Strand selbst bietet keinen Schatten. Auch keine Mietliegen, die gibt es nur in Ressorts und da muss man erstmal reinkommen.
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Die Russen die man hier antrifft sind wie die Deckchen, keine besoffenen, grölenden Männerhorden wie gewohnt, sondern Pärchen mit Kleinkindern, Oma und Opa auch mal mit im Schlepptau. Alles sehr friedlich. Es ist aber knallheiß hier. 32 Grad, die Luft steht, das Haar sitzt, auch ohne 3-Wetter-Taft .... Zum Mittagessen verziehen wir uns in eine Fischbude am Meer, alles frisch, in Bassins gelagert. Seafood aller Art, Lobster, Tiger-Prawns und weiß der Fuchs was noch alles. Krokodil mit Kartoffelpüree - das wäre doch mal was!  .... weiterlesen

Reisetagebuch: Von Nord nach Süd - Unterwegs in Vietnam (4)

von 'Jay' Steinert

Unser Homestay-Hotel liegt am Rande der Stadt Hoi An, es ist ziemlich neu und hat bei Booking.com beste Noten bekommen. Völlig zu Recht. Wir laufen nur zwei Minuten bis zum Strand, die Liegen und Schirme sind kostenlos. Im Gegenzug bestellt man Speisen und Getränke aller Art. Der Strand ist gepflegt und hat wenig Besucher. Vor allem eins: k e i n e Russen. Das Wasser des Südchinesischen Meeres ist hier sauber und wohltemperiert. So lässt es sich leben!
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Am Abend bieten einige Restaurants in Strandnähe ihre Dienste an. Kulinarisch enttäuscht Vietnam allerdings bisher. Die Vietnamesen in Deutschland kochen- nach meinem Geschmack- wesentlich besseres Essen als ihre Landsleute in der Heimat. Abgesehen davon bekommt man hier immer nur Kindertellergrösse mit entsprechend kleinen Portionen. Sehr eigenartig. Muss man halt 2 x bestellen, wenn es nicht reicht. Oder ein Bier mehr, egal. .... weiterlesen

DREHTAGEBUCH - Unterwegs in Israel und den besetzten Gebieten

Beitragsseiten

von Fred Kowasch
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wed, 10.11.04 - 20:34

Wann stirbt Arafat? Das ist die Frage die hier alle beschäftigt. Selbst die israelischen Nachrichten kennen ausser Falludscha kaum noch ein anderes Thema. Am Abend treff ich im Österreichischen Hospiz (mein „Hotel" für die nächsten Tage in der Altstadt) Kai Wiedenhöfer. Er ist seit vier Wochen schon hier und fotografiert tagein, tagaus die Arbeiten an der Mauer, die die Israelis um die Westbank bauen.

Über ihn und seine Arbeit will ich mit einer kleinen Digitalkamera in den nächsten Tagen hier den Anfang einer Dokumentation drehen. Das hatten wir schon vor Monaten geplant - der Zeitpunkt der Dreharbeiten in Jerusalem und der Westbank stand seit Wochen fest. Mit Arafats schwerer Krankheit ist alles anders. Stündlich kann er in Paris sterben. Das würde unsere ganzen Pläne verändern.

drehtagebuch1_israel_13.jpgwed, 10.11.04 - 20:34

Wann stirbt Arafat? Das ist die Frage die hier alle beschäftigt. Selbst die israelischen Nachrichten kennen ausser Falludscha kaum noch ein anderes Thema. Am Abend treff ich im Österreichischen Hospiz (mein „Hotel" für die nächsten Tage in der Altstadt) Kai Wiedenhöfer. Er ist seit vier Wochen schon hier und fotografiert tagein, tagaus die Arbeiten an der Mauer, die die Israelis um die Westbank bauen. Über ihn und seine Arbeit will ich mit einer kleinen Digitalkamera in den nächsten Tagen hier den Anfang einer Dokumentation drehen. Das hatten wir schon vor Monaten geplant - der Zeitpunkt der Dreharbeiten in Jerusalem und der Westbank stand seit Wochen fest. Mit Arafats schwerer Krankheit ist alles anders. Stündlich kann er in Paris sterben. Das würde unsere ganzen Pläne verändern.

Kai soll in den nächsten Tagen für das amerikanische NEWS-Magazin "TIME" aus Ramallah berichten. Zunächst hat er die Fotoredaktion des bekannten Magazins hingehalten.
drehtagebuch1_israel_20.jpgIn Ramallah sollen sich mittlerweile über 500 Journalisten aufhalten, um im Falle des Todes die Stimmung der Palästinenser einzufangen. Für den nächsten Tag haben wir andere Pläne. Am Morgen wollen wir erst einmal zu einem Checkpoint im Norden Jerusalems aufbrechen, dann zum Israelischen Pressebüro zwecks Akkreditierung und am Nachmittag zu einer Stelle an der die Mauer noch gebaut wird. Mal schauen ....

thu, 11.11.04 - 06:13

In der Nähe vom Damaskus Gate im arabischen Teil der Jerusalemer Altstadt treffen wir zwei italienischen Fotojournalisten. Sie fahren mit uns zum Checkpoint von Qalandiya - zwischen Jerusalem und Ramallah.
drehtagebuch1_israel_09.jpgDort wollen sie an der Mauer Bilder machen. 20 Minuten später sind wir vor Ort. Es ist nicht so viel los wie sonst sagt Kai Wiedenhöfer. Sonst stehen hier viel mehr Busse, die die Palästinenser zur Arbeit bringen. Während er mit seiner speziellen Fotokamera die Szene von einer Anhöhe aus beobachtet (100 Meter Luftlinie zur einem israelischen Beabachtungspunkt) führen wir für die geplante Dokumentation ein langes Interview.



Nach gut einer Stunde stehen wir wieder am Auto, wollen durch die Sperren aufdrehtagebuch1_israel_19.jpg die andere Seite gehen. 07:23 Uhr Ortszeit (wir sind hier eine Stunde vor Deutschland) erhält Kai von einem Fotografen einen Anruf. „Arafat is dead". Hektik entsteht, wir brechen überstürzt auf. Kai hat keine geeignete Fotokamera dabei und ich nur zwei Videotapes eingesteckt.
Also rein nach Jerusalem, rein in den Berufsverkehr und in den Stau. Das Frühstück fällt aus. Gegen 9 Uhr sind wir mit als erste Journalisten in Ramallah - in Arafats Amtssitz der Mukata. Gedrückte Stimmung, Tränen - die ersten frisch gedruckten Plakate nach seinem Tod werden verteilt.

drehtagebuch1_israel_16.jpgthu, 11.11.04 - 10:16

Die Vorbereitungen für Arafats Beerdigung laufen. Im Innenhof übt eine Garde den Paradeschritt - immer und immer wieder. An einem Seil werden von Offiziellen Arafat-Plakate befestigt, die aufgereiht wie an einer Wäscheleine über der Mukata wehen. Hier am Westeingang von Arafats Amtssitz haben sich nur wenige Journalisten versammelt. Kai Wiedenhöfer und sein Kanadischer Kollege Ethan Eisenberg sucht nach einem besonderen Motiv - eines das sich von den Dutzenden Shots der zahlreich angereistendrehtagebuch1_israel_17.jpg News-Fotografen unterscheidet. Immer wieder gehen wir zum Osteingang der Mukata. Dort haben sich die Kamerateams in Reihe aufgestellt, Palästinensische Polizisten versuchen immer wieder die Einfahrt frei zu räumen.
Im Innenhof werkeln Bagger. Sie sollen wohl ein Grab ausheben.

In der Ferne schwebt Rauch am Himmel. Ein kurzes Telefongespräch - die italinischen Journalisten sind schon vor Ort. Achtjährige rollen alte Autoreifen in ein Feuer. Fotografen stehen am Rande. „Das Bild wird heute zehn mal bei TIME auf dem Server landen. Wir müssen halt etwas anderes finden" sagt Kai Wiedenhöfer.drehtagebuch1_israel_14.jpg
  Die übliche Vorstellung von der Situation in der Westbank sei dies hier nun mal und die müssten die Medien wohl entsprechen. Später sehen wir dann noch sieben Maskierte mit Maschinengewehren, die vor der Muktata rauf und runter laufen - ein Dutzend Kamerateams und die doppelte Anzahl Fotografen im Schlepptau. Am Rand hocken die Kollegen vor trauernde Frauen - das Objektiv 40 Zentimeter vor den Tränen im Anschlag. Mann, kennen die Idioten denn wirklich kein Erbarmen?


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Der Tag vor Arafats Beerdigung ist auch ein Medienereignis. Als ich später den Artikel in SPIEGEl ONLINE lese, beginne ich mich doch noch ein wenig zu fürchten - das muß ja gefährlich gewesen sein heute in Ramallah. Wahrscheinlich war ich in einer ganz anderen Stadt unterwegs.





thu, 11.11.04 - 14:03

Wir sind auf dem Weg nach Qalandiya. Am Rande des Flüchtlingslagers, in unmittelbarer Nähe der Mauer, soll es Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Jugendlichen und der israelischen Armee geben. Vor uns werfen einige Steine. Ein paar Schüsse fallen, wahrscheinlich Gummigeschosse.
drehtagebuch1_israel_18.jpgKai und Ethan gehen schnell an den Jugendlichen vorbei, in Richtung der Soldaten. „Was soll das" frage ich mich - quer durch die Linien? Ich will noch ein paar Bilder von den Jugendlichen drehen, bleibe zurück. Entschliesse mich nach anfänglichen Zögern dann doch noch den beiden zu folgen, beginne zu rennen. Ein Schuß knallt - ach du Scheisse.

Hinter den Soldaten angekommen, treffe ich auch auf die italinischen Fotografen. „Not running" erklärt mir der 32jährige Samuele. Ein kurze Einführung in die Regeln des Strassenkampfes in der Westbank, Verhaltensregeln für Journalisten inmitten eines absurden Konfliktes.

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thu, 11.11.04 - 19:07

In der Nähe des Damaskustores am Eingang zum Arabischen Viertel in der Jerusalemer Innenstadt haben sich Hunderte zum stillen Gedenken versammelt. Sie halten Kerzen und Arafat-Plakaten in den Händen.


drehtagebuch1_israel_06.jpgSpontan entsteht ein Protestmarsch. Einige Palästinenser wollen eine israelische Polizeistadtion stürmen. Flaschen fliegen, Blendschockgranaten detonieren. Nach wenigen Minuten ist alles vorbei.




drehtagebuch1_israel_07.jpgMittendrin wieder: Kai Wiedenhöfer und sein Italienischer Kollege Samuele Pellecchia. Irgendwie sind die Fotografen immer an der richtigen Stelle wenn etwas passiert. Frauen mit Kerzen in stiller Trauer versammelt - dieses Foto von Kai Wiedenhöfer wird TIME vier Tage später tausendfach drucken.



thu, 11.11.04 - 21:53

Es war ein ereignisreicher Tag.
Den ganzen Tag sind wir in Ramallah auf den Beinen - laufen rund vier mal von Arafats Ex-Sitz (dort wird morgen die Trauerfeier stattfinden) zum zentralen Platz. Rund 20 Kilometer stecken am Abend in den Beinen. Ach ja - gegessen haben wir dann auch etwas. Fladenbrot mit Wurst, Cola und einem Schokoriegel: "Ramallah needs energy". Versteckt im Auto - denn es ist Ramadan. Am Abend noch ein paar Bier mit den italienischen Kollegen - sie waren schliesslich auch zwölf Stunden auf den Beinen. Die Akkreditierung habe ich immer noch nicht - morgen geht es weiter.

Fotos:
Screenshots interpool.tv, Fred Kowasch Filmproduktion

fri, 12.11.04 - 09:38

Am Tag von Arafats Beerdigung herrscht Ausnahmezustand in Israel. Die Jerusalemer Altstadt ist abgesperrt, ebenso die Übergänge zur Westbank. An jeder Strassenkreuzung Polizei, Zufahrten sind mit quergestellten Lastern gesichert. Am israelischen Checkpoint nach Ramallah werden wir rausgewunken, müssen aussteigen. Der Grund: meine fehlende Press-Card. Ich zeige meinen Reisepass, das Visum, den deutschen Presseausweis. Ein Soldat telefoniert, ein anderer erklärt uns: dies wäre nur zu unserer eigenen Sicherheit. Aha. Dann kommt der Soldat zurück erklärt etwas auf Hebräisch, sein Gesichtsausdruck sagt alles. Zurück nach Jerusalem - Press-Card besorgen. Da dauert Stunden und Arafat wartet nicht. Eine Chance gibt es noch - Qalandiya!

drehtagebuch1_israel_04.jpgfri, 12.11.04 - 11:26
Erneut Strassenkontrolle. Vor uns müssen Autos umkehren. Diesmal zeigen wir nur unsere deutschen Reisepässe - und haben Glück! In Qalandiya laufe ich als Fussgänger einfach durch, der Kanadische Fotograf Ethan Eisenberg begleitet mich. Kai fährt allein mit dem Auto auf die andere Seite. Ein Glück, jetzt kann sich der Puls erst einmal beruhigen!

In Ramallah an Arafats Amtssitz sind über Nacht zahlreiche TV-Gerüste sprichwörtlich aus dem Boden gewachsen. Tausende Euro bezahlen die internationalen TV-Stationen hier für einen Balkon mit Blick über die Muktata - der dann als Hintergrund für die LIVE-Schaltungen in alle Welt dient. Dutzende Kleinbusse halten, bringen Palästinenser aus der gesamten Westbank. Wir versuchen über das Westtor in die Muktata zu kommen. Am Tor mit dem VIP-Eingang versprechen wir uns die grössten Chancen. "Ich bin immer reingekommen" sagt Kai Wiedenhöfer. Er wird Recht behalten - zwei Stunden später.

drehtagebuch1_israel_05.jpgfri, 12.11.04 - 13:12

Nach einer Stunde Drängelei wechseln wir die Strategie. Steigen auf einen Laster, setzen uns auf den roten Teppich. Den brauchen die doch bestimmt zur Beerdigung! Hilft alles nichts, wir müssen runter. Dann stecken wir uns die Buttons einer israelisch-palästinensischen Friedensdelegation an, die zur Beerdigung gekommen ist. Aber auch die kommen am Westtor keinen Schritt weiter. Von überall her strömen Trauernde - wollen Jasir Arafat einen letzten Dienst erweisen. Tumulte am Eingangstor, Dreck und Steine fliegen. Dann bahnt sich das Volk seinen Weg!

drehtagebuch1_israel_03.jpgfri, 12.11.04 - 14:43

Unruhe kommt auf, Arme strecken sich. Ein Zirren das immer lauter wird. Dann erscheinen zwei Hubschrauber am blauen Himmel. Sie bringen den Sarg von Arafat aus Kairo zur Beisetzung zum Gelände der Muktata. Im ehemaligen Amtssitz, wo Arafat beerdigt werden soll, haben sich über 100 000 Palästinenser versammelt. Staub und Dreck wird aufgewirbelt. Tausende hocken am Rand, die Hände zum Schutz vor dem Gesicht. Gerade hat es meine Basecap irgendwo hingeweht, ich werde sie nachher nicht mehr finden. Neben mir drückt der Luftzug des Helikopters einen Palestinenser zu Boden, der unentwegt das Viktory-Zeichen hochhält.
drehtagebuch1_israel_02.jpgDann wird es still, erste Schüsse fallen, Tausende beginnen den Landeplatz zu stürmen. Polizisten versuchen mit Warnschüssen die Menge zurück zu drängen - immer und immer. Verletzte werden hektisch am Rand behandelt, Notbeatmung im Chaos. Nach 20 Minuten fährt eine Kleinlaster rückwärts und ohne Erbarmen in die Menge - ein Wunder dass es hier keine Schwerverletzten gibt. Dann wird der Sarg Arafats ausgeladen.

fri, 12.11.04 - 20:09

Unfassbar! Nichts geht mehr!! Über Hunderttausend Menschen auf dem Gelände der Mukata. Sie wollen den Sarg berühren, Abschied von ihrem Präsidenten nehmen. Wir mittendrin. Handys funktionieren stundenlang nicht, Chaos pur.
drehtagebuch1_israel_01.jpgDie Maueröffnung war ein Kaffeekränzchen dagegen. Im vierten Anlauf (nach über einer halben Stunde Drängelei) gelingt es mir zum Grab Arafats vorzudringen. Ich habe Glück - gerade wird Erde draufgeschüttet. Ein wenig unwürdig wirkt die Szene schon - für eine Beerdigung eines der umstrittensten Männer des 20.Jahrhunderts. Der Dreck der aus blauen Plastiksäcken in das Grab entleert wird, es soll sich dabei um die "heilige" Erde vom Jerusalemer Tempelberg handeln. Ich ahne all dies nicht, drehe einfach. Versuche der tiefstehenden Sonne auszuweichen, die von vorn in die Linse scheint. Der Puls rast - es ist wohl ein historischer Moment, den ich da gerade filme. Ich bin einer von zwei Kameramännern die die Szene festhält - die exclusiven Bilder laufen am Abend mehrfach in den ZDF-Abendnachrichten. Immerhin ist nun die Reise finanziert. Wenn mir nur nicht im Gedränge die Mappe mit den Geldkarten und Bargeld aus dem eigentlich verschlossenen Rucksack geklaut wäre. Na ja - nur der nichts macht, dem nichts passiert.

sat, 13.11.04 - 16:47

Es ist wie die Erleichterung nach einem Sturm. In Ramallah ist nach Arafats Beerdigung Ruhe eingekehrt. Vereinzelte Besucher am Grab - vor allem Palestinensische Politiker waren heute in der Mukata. Ansonsten herrscht eher eine neue Art der Gelassenheit, als wäre endlich eine Ära vorbei. Hinzu kommt, dass heute der Fastenmonat zu Ende. Essen und trinken im Hellen - man glaubt gar nicht wie gut das sein kann!

drehtagebuch1_israel_10.jpgsun, 14.11.04 - 11:20

Nach ein paar Stunden am Grab von Arafat sind wir gestern noch zur Mauer nach Qalandiya und Abu Dis gefahren. In Abu Dis, einem südöstlichen Stadtteil von Jerusalem durchschneidet sie das Wohnviertel. Als Grenzübergang dient ein Kirchentor, über den angrenzenden Olivengarten kommt man in die besetzten Gebiete. Auch hier wieder Willkür bei den Kontrollen. Weiter oben ein kilometerlanger Betonwall, der neun Meter in den Himmel ragt. In der Abendsonne ein israelischer Militärjeep auf Patrouillienfahrt. Die Berliner Mauer war nur halb so hoch.

mon, 15.11.04 - 11:03

Gestern Filmaufnahmen in Ram gemacht. Dort wird gerade eine Kreuzung zwischen zwei Mauerstuecken dicht gemacht. Kinder, Frauen und Greise steigen ueber den Schuttwall - noch. Ob hier ein Checkpoint entsteht, weiss keiner der angrenzenden Ladenbesitzer.
drehtagebuch1_israel_11.jpgDie Mauer verläuft an dieser Stelle fünf Kilometer hinter der eigentlich gültigen Grenzlinie von 1967. Aber erst einmal hat Israel Fakten geschaffen.

mon, 15.11.04 - 17:17

Mit Arafats Tod scheint Bewegung in einen festgefahrenen Konflikt gekommen zu sein. Glaubt man zumindest den NEWS aus aller Welt. In Bethlehem wird eifrig an der Mauer weitergebaut und in Ram haben findige Palästinenser über Nacht Schutt beiseite geschoben. Der Verkehr an der Kreuzung läuft wieder - doch wie lange noch?!

wed, 17.11.04 - 16:43

Die Ausreisekontrolle in Israel: als wär man als Schwerverbrecher unterwegs! Erst vor dem Flughafen - weil ich mit einem arabisch aussehenden Taxifahrer gefahren bin. Dann vor dem Check In - eine halbe Stunde Frage auf Frage. Wo gewohnt, was unternommen, mit wem geredet ....

Dann wollten sie die Bänder sehen. Instinktiv hatte ich Betende an der Klagemauer reingelegt. Zehn Minuten von neun Stunden Material. Dann wollten sie Aufnahmen aus Ramallah sehen. Mist, auch das noch. Jetzt gibt es richtig Ärger!

drehtagebuch1_israel_12.jpgIrgendwie habe ich sie dann doch noch mit meinen zwei Büchern ablenken können. Ein simpler Israel Reiseführer für 9,90 Euro hat mir die Bänder und damit wohl auch die Dokumentation gerettet. Wozu das alles? Für die Sicherheit Israels?? Wenn man das Land verlassen will???

Fotos:
Screenshots interpool.tv, Fred Kowasch Filmproduktion

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