Indien: Unterwegs auf dem Subkontinent
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Ankunft in Bombay
Es kostet Mühe ihm verständlich zu machen, dass das Hotel meiner Wahl ganz woanders liegt und wir landen am "Gateway of India". Jetzt kann ich mich endlich orientieren und finde sogar das gesuchte Hotel.
Der "Flohzirkus" ist für hiesige Verhältnisse zu teuer (15 EUR). Aber für eine Nacht wird es wohl gehen. In einem kleines Restaurant nehme ich seafood & prawns (1,50 EUR). Der Flachmann, gut gefüllt mit Bourbon-Whiskey, gibt einen ordentlichen Schluck frei (ist nur wegen der Gesundheit!). Jedenfalls, ich komme aus den Laden heraus, lenke meine Schritte zum "Flohzirkus", die Strassen sind weissgott schlecht beleuchtet hier, da trete ich doch volle Kanne auf so einen blöden Hund. Der sah eigendlich aus wie so ein Lappen, der am Strassenrand vergessen wurde. Na, er nahm es nicht persönlich - legte sich gleich (schlauerweise) wieder auf der Kreuzung ab. Überhaupt schlafen in Bombay viele Leute auf der Strasse, sie können sich keine Behausung leisten.
Das Frühstück ist "continental" (wir wollens ja mal ruhig angehen) und durchaus essbar. Ein Busticket nach Goa ist schnell gekauft, ich habe bis zur Abfahrt noch reichlich Zeit die einzigartigen Sehenswürdigkeiten Bombays zu geniessen. Im Reiseführer lese ich - es gibt keine. Jeder der nach nach Bombay kommt, sieht zu wie er am Schnellsten hier raus kommt.
Na gut, was solls, schau mer mal: das Victoria Terminus (Hbf.) ist nicht so der Brüller, also weiter zu den Crawford-Markets mit dem Tuck-Tuck. Schon besser!
Arm und reich liegen hier wirklich eng beieinander. Der Bettler, der vor der Privatschule sitzt und auf ein paar Rupies hofft, oder eine Frau die mitten auf der Fahrbahn ihre Wäsche wäscht. Oder die Bettelkinder die hinter dem Taj-Mahal-Interconti Touristen auflauern und mit grossem Geschrei verfolgen, bis diese endlich Rupies rausrücken. Daneben steht der Fahrer einer Daimler-Limousine und putzt den Spiegel blank.
Bombay ist überbevölkert, dreckig, laut, stickig - aber die Menschen sind freundlich, neugierig, hilfsbereit und sehr angenehm. Ich mache mich auf den Weg nach Goa.
Fahrt nach Goa
Der Busbahnhof für Überlandbusse (nach Goa) befindet sich außerhalb des Zentrums. Man findet sich zwei Stunden vor Abfahrt beim Reisebüro ein, wird in ein Tuk-Tuk gesteckt und ab gehts. Vorher jedoch bitte ich darum das WC aufsuchen zu dürfen. Man gibt mir einen Schlüssel und begleitet mich über einen Müllhaufen, der mal ein Hof werden wollte, zum Erdloch mit Tür.
Auf dem Müllberg, vor dem Klo, rekeln sich drei fette Katzen im Nachmittagssonnenlicht und in 1 Meter Entfernung spaziert eine Ratte (selbst so groß wie eine Katze) auf Nahrungssuche, frech an ihren Erbfeinden vorbei und kümmert sich einen Dreck um diese Kollegen. Die Katzen haben den Kampf gegen die Ratten hier jedenfalls verloren, sie versuchen den offensichtlich ebenbürtigen Gegner auf Katzenart zu ignorieren. Nun, da die Örtlichkeit nicht ganz meinen Erwartungen entspricht, erschien es mir ratsam eine andere Gelegenheit abzuwarten.
Am Busbahnhof angekommen, werde ich schon sehensüchtig erwartet. Eine Traube Händler fällt über mich her, um mir jeden Scheiß der Welt anzudrehen. Glücklicherweise bin ich durch Reisen in Nordafrika und den Nahen Osten abgehärtet - es gelingt mir die Verfolger abzuschütteln.
Eine herrliche Küste - soweit das Auge blicken kann. Eine Unterkunft ist rasch gefunden. 500 Rupies (9 EUR) für einen sauberen Doppelzimmerbungalow ist nicht zuviel. Der Strand ist in 1 Minute zu erlaufen. Der Sonnenschirm steht bereit. Die Liege wird von fleißigen Inderinnen entsandet, damit der kleine weiße Arsch auch nicht schmutzig wird. Ausgezeichnet, so läßt sich´s leben.
Unterwegs am Strand
Nachdem ich mich, leicht dicht, am Strand verlaufen habe, finde ich denn doch mein angemietetes Haus wieder (ist ja nun auch dunkel geworden). Bei der abendlichen Zahnpflege findet sich Gesellschaft in Form eines Geckos ein. Der Kollege schien Ärger nicht aus dem Weg zu gehen - sein Schwanz fehlte, den werfen sie ja nur bei Gefahr/Flucht ab um das Terrain dem Feind zu überlassen.Es gelingt mir unter Anwendung eines Tricks den Gecko zu fangen, gerade wollte ich ihn auf den Balkon verfrachten da beißt mir das Vieh in den Daumen, na bravo. Wer weiß was der vorher gebissen hat. Der Kumpel fliegt jetzt endgültig raus und ich genehmige mir noch einen. Kleiner, mutiger Kerl; Respekt , Respekt denke ich noch und schlafe endlich ein.

In den nächsten Tagen erkunde ich den Strand und stoße auf einen Tanker der unüblich nahe am Ufer festgemacht hat. Nach zwei Drinks habe ich den Plan, das Ding ist vor drei Jahren mit defekter Maschine auf Reede liegen geblieben, der Reeder konnte die Reparatur nicht bezahlen, ergo schleppt man das Schiff einfach an den Strand und das wars halt. Zumindest gibt der Pott eine extravagante Strandkulisse ab.
Die Sonnenuntergänge sind natürlich auch hier ein Klassiker, die Freude wird etwas durch die ständig wiederkehrenden Fragen nach aufabsichten meinerseits für Sarongs, Kokosnüsse, Trommeln und Massagen getrübt. Klar, die müssen damit ihr Geld verdienen, daher nehme ich das Angebot einer Massage an. Wer schon mal in Bangkok in der Khao San Road war und sich dort einer Massage in einem Salon unterzogen hat, der weiß wovon ich spreche.
Ich habe Kraft geschöpft, bin ausgeruht und es warten mit Sicherheit eine Reihe Abenteuer im Norden Indiens auf mich, d.h. also wieder erstmal nach Bombay zurück.
Diese Taxifahrer! Es war ausgemacht daß er mich um 14:00 h hier aufpickt um mich zum Bus zu bringen. 14:15, er ist immer noch nicht da - Herrschaften, wir haben doch keine Zeit! Gut, da kommt einer, war er es oder doch nicht - egal - den nehm ich, habe ja schließlich 1/4 h gewartet. Der Kollege spricht das selbe schlechte englisch wie ich - nur hat er den Vorzug daß er so schön das "r" rollt und streckt beim sprechen. Wenn ich aus dem Vogtland oder Bayern käme, könnte ich das auch!

Von mir aus, aber vom gucken allein hat ja keiner der Beteiligten etwas. "Doch, doch - er bekäme wunderscheene T-Shirrrt von die Sahib dem die Lade gehörrre", versichert er mir. Nun denn, wohl an, dem Manne kann geholfen werden, ich steige aus und ich betrete einen wunderschönen Laden, ausgeschlagen mit Mamor an Decken und Wänden, kühle Luft umfächelt meinen aufgeheizten Körper und der Blick fällt auf
die edelsten Teppichknüpfwaren die je fleißige, indische Kinderhände geschaffen haben.
Nun ist die Kinderarbeit ja auch ein zweischneidiges Schwert, viele Gutmenschen (vor allem aus Deutschland) haben in ihrem religös-fundamentalistisch anmutendem Gutmenschentum, sicherlich in bester Absicht, die Firmen die diese Produkte im In-und Ausland verkaufen attackiert und Exporte aus Indien verhindert.
Denn sehr viele Familien leben von diesen paar Rupies (ein warmes Essen kostet hier für Einheimische ca. 8 Eurocent) die die Kinder mit nach Hause bringen, teils sind die Eltern gestorben oder erwerbsunfähig (Arbeitslosenquote liegt übrigens bei über 25%) - es gibt ja kein geregeltes soziales Netz in Indien.
Zur Folge hatte diese Aktion der Gutmenschen, das der Verkauf einbrach, die Kinder kein Geld nach Hause brachten und die Leute schlicht und ergreifend zu Tausenden verhungerten, weil viele ländliche Kleinbetriebe pleite gingen, die Leute nicht mehr, in die ohnehin überfüllten Millionenstädte, zum betteln flüchten konnten.
Über was man so nachdenkt wenn man im Teppichladen steht! Nun, ich stöbere durch den Laden und entdecke hochinteressantes Schnitzwerk aus Sandelholz (Gutmenschen aufgepasst - nächste Baustelle für euch). Äußerst kunstfertige Darstellungen von Ganesh (Elefant nebst Reittier - einer Ratte) und Wishnu. Ist mir aber alles zu teuer, außerdem habe ich noch keinen Platz im Rucksack (der Reparatur-Whiskey nimmt viel Platz weg) und außerdem sollte ich ja nur gucken und nicht kaufen.
Aber, die Inder sehen das sportlich, löschen den Lappen während der Fahrt mit dem Inhalt von Wasser-und Spriteflaschen, meine Klamotten stinken zwar etwas nach Rauch und Opium aber wenigstens ist mein weißer Arsch nicht angekockelt. Nach 15 Std., es ist früh um 5:00 Uhr, erreichen wir pünktlich - 2 Std. zu spät - Bombay, Indian Gateway. I be back!
In Bombay bin ich mit einer lieben Freundin verabredet (ausgemacht haben wir: nach dem Krieg um sechs im Kelch - wie damals Josef Schwejk zu sagen pflegte), ich weiß zwar wann der Flieger kommt, aber was heißt das hier schon?
Ich sitze also um 5:00 morgens am "Gateway of India" - der Tag erwacht. Zunächst bin ich und der Straßenkehrer allein, dann gesellt sich ein Teeverkäufer hinzu. Der "Indian Tschai" ist gar nicht schlecht, ein Gebräu aus einem Teil Wasser, einem Teil Milch, Zucker, Teeblätter nebst Teegewürz - brodelnd heiß verabreicht - ist er eine echte Starthilfe für den Tag. Und kostet nur 5 Rupies/Tasse = 8 Eurocent und die Tasse darf man behalten! Teilweise wird sie in Form einer Tontasse gereicht - also nicht nur schnödes Plastik! Weggeworfen wird sie trotzdem, eigentlich schade.

Zwei palavernde Sikh treffen ein, setzen sich (der Platz ist riesengroß und noch leer) in 5 m Abstand zu mir und beäugen diesen komischen Weißen mit Rucksack. Ein Powerwalker nach dem anderen läuft ein. Sie lassen sich auf den Sitzbänken nieder, die das "Gate" umfasst, und beginnen mit Dehnungsübungen. Es nötigt mir den allerhöchsten Respekt ab, sowohl die Betätigung - als auch die Uhrzeit - so eine Existenz wie ich kommt in Deutschland vor um 9 Uhr nicht in die Puschen und hier ist es grad mal 5:30 Uhr. Aber gut, mein Arbeitstag verschiebt sich ja daheim auch bloß bis in die Nacht, dafür sind die hier eher zu Hause, mutmaße ich. Jeder hat eben so seinen Rythmus.
Es ist 6:00 Uhr, ein Wanderarbeit nebst Tochter hat hier vor dem "Gate" auf dem Trottoir übernachtet - um sich aufzuwärmen ordert er eine Tasse Tee und wir kommen ins Gespräch. Sein Name wäre Radshiv, käme aus der Provinz und suche in Bombay Arbeit. Aber damit sähe es wohl sehr schlecht aus, zurück könne er nicht - alle Zelte abgebrochen. Die obligatorische Baschishfrage schließt sich an, das blöde ist nur, das fast alle Geschichten die man hier so hört, stimmen. Ich bin nicht hier um die Welt zu retten, dennoch übereigne ich dem Mann ein ordentliches Sümmchen, weil ich ihm glaube. Stunden später sollte ich ihn und seine gesamte Familie nochmals bei einem Spaziergang sehen, er lagerte dort mit einer Frau und 4 kleinen Kindern, auf einer Decke, vor dem 5-Sterne-Hotel "Taj Mahal".

Also verlasse ich diesen Ort und begeb mich weiter fort, zum nächsten Internetcafe, und siehe da - eine mail, der Flieger hat 9 Std. Verspätung, bravo, bravissimo. Ergo suche ich mir ein Hotel, schlafe, dusche, esse und lese die aktuelle Tagespresse. Angriffe im Kaschmir, Säbelrasseln mit Atombomben in Pakistan, das übliche - regt doch hier keinen auf! Es ist mittlerweile 15:00 Uhr, ich begebe mich zu dem "Gate" zurück. Es gehört zu den wichtigsten nationalen Symbolen Indiens, die Engländer ließen es damals im Stil............ erbauen und als sie durch Ghandi "British Indien" verloren, marschierten die letzten Truppen durch dieses Tor, es liegt am Hafen, auf ihre Landungsboote und verschwanden.

Das ist nicht jedermanns Sache, Kulturschock pur, dazu kommt die Hitze und die Luftfeuchtigkeit. Mir ist das nicht gar so fremd, in Kambodscha oder Ägypten habe ich schon ähnliches erlebt, aber Indien ist schon eine ziemlich harte Nummer. Bombay ist nicht wirklich eine Reise wert, auf gehts nach Aurangabadh.
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